Die verspätete Umsetzung der CSRD – Was bedeutet das für die Berichterstattung 2024?
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sollte die nichtfinanzielle Berichterstattung in Europa grundlegend verändern. Ziel: Eine einheitlichere, anspruchsvollere und umfassendere Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen. Doch was passiert, wenn die Umsetzung in nationales Recht – wie hier in Deutschland – nicht rechtzeitig abgeschlossen wird?
Status quo: CSR-RUG statt CSRD für 2024
Bislang wurde das deutsche Umsetzungsgesetz der CSRD (CSRD-UmsG) nicht verabschiedet. Falls es bis Ende 2024 nicht in Kraft tritt, bleibt für kalenderjahrgleiche Geschäftsjahre 2024 das bisherige Rechtsregime bestehen: Unternehmen, die bislang zur nichtfinanziellen Berichterstattung nach dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) verpflichtet sind, setzen wie gewohnt auf §§ 289b ff. bzw. §§ 315b ff. HGB auf.
Keine Pflicht zur Anwendung der ESRS im Jahr 2024
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind mittlerweile als EU-Recht in Kraft. Doch ohne nationale Umsetzungsvorschrift sind deutsche Unternehmen 2024 nicht verpflichtet, die ESRS als Rahmenwerk anzuwenden. Erlaubt ist es aber durchaus: Unternehmen können freiwillig den ersten Satz der ESRS nutzen – vollständig oder teilweise –, um ihren Bericht an moderne Nachhaltigkeitsstandards anzulehnen.
Drei Optionen für die Berichterstattung 2024
Es ergeben sich somit drei mögliche Wege für die nichtfinanzielle Berichterstattung 2024:
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Option 1: Volle Anwendung der ESRS
Unternehmen wenden sämtliche Anforderungen der ESRS an. Damit orientieren sie sich bereits an dem künftigen europäischen Standard. Aber: Auch wer voll nach ESRS berichtet, muss weiterhin alle bisherigen HGB-Anforderungen erfüllen. Den doppelten Wesentlichkeitsansatz (Impacts und finanzielle Wesentlichkeit) der ESRS übererfüllen die alten Regeln zwar, doch darf man nicht vergessen, dass die bisherigen Anforderungen an Inhalte, Konzepte, Maßnahmen und Kennzahlen unter dem CSR-RUG nach wie vor bindend sind. -
Option 2: Teilweise Anwendung der ESRS
Hier können Unternehmen nur einzelne ESRS-Bausteine nutzen. Wichtig ist in diesem Fall, klarzustellen, welche ESRS-Teile angewendet wurden und welche nicht. Darüber hinaus müssen fehlende Informationen – die nach HGB gefordert sind, aber nicht durch die teilweise genutzten ESRS-Standards gedeckt werden – ergänzend ausgewiesen werden. Transparenz ist entscheidend: Der Bericht soll nicht suggerieren, es sei alles nach ESRS geregelt, wenn nur ein Teil angewendet wurde. -
Option 3: Ohne ESRS
Unternehmen können auch ganz beim bisherigen Rahmenwerk (z. B. GRI, DNK oder ein anderes anerkanntes Rahmenwerk) bleiben oder gar keines nutzen – wie bisher auch. Dann darf allerdings nicht der Eindruck entstehen, dass eine ESRS-Anwendung (auch nur teilweise) erfolgt ist. Einzelne Datenelemente aus ESRS können zwar aufgenommen werden, aber der Bericht darf nicht als „teilweise ESRS-basiert“ präsentiert werden.
Was ist mit der "Selbsterfüllung"?
Die sogenannte „Selbsterfüllung“, also das Erfüllen der Einzelberichterstattungspflicht eines Mutterunternehmens über seine eigene Konzernberichterstattung, ist nach geltendem Recht (Stand Ende 2024) nicht möglich. Erst die CSRD hätte hier neue Spielräume eröffnet. Da diese aber noch nicht umgesetzt ist, bleibt es dabei: Wer auf Einzelabschlussebene berichten muss, erfüllt diese Pflicht nicht automatisch über den Konzernbericht, es sei denn, es wird ein zusammengefasster Bericht erstellt, der beide Ebenen klar voneinander unterscheidet.
Befreiungen für Tochterunternehmen
Deutsche Tochtergesellschaften können von der eigenen nichtfinanziellen Berichterstattung befreit sein, wenn sie in eine konzerngleiche, EU-konforme Berichterstattung eines Mutterunternehmens eingebunden sind, das bereits nach den alten Bilanzrichtlinien-Standards berichtet. Ist das Mutterunternehmen hingegen schon nach ESRS verpflichtet (etwa durch frühzeitige Umsetzung in einem anderen EU-Land), kann auch das befreiend wirken – vorausgesetzt, die Inhalte erfüllen mindestens die Anforderungen der bisherigen HGB-Regelungen.
Pflichten zu immateriellen Ressourcen und Leistungsindikatoren unverändert
Die neuen CSRD-Pflichten, etwa zu immateriellen Ressourcen, gelten 2024 noch nicht. Auch die Befreiung von der Angabe bedeutsamster nichtfinanzieller Leistungsindikatoren, die nach CSRD greifen könnte, ist ohne deutsche Umsetzung nicht wirksam. Das heißt, Unternehmen berichten 2024 hier so weiter wie bisher.
Prüfungssituation und Fee Cap
Bei der Prüfung nichtfinanzieller Berichte bleibt vorerst der Status Quo erhalten. Freiwillige Prüfungen können weiterhin beauftragt werden, entweder durch den Vorstand oder den Aufsichtsrat. Und was ist mit dem „Fee Cap“, also der Honorarbegrenzung für Nichtprüfungsleistungen? Prüfungen, die in Erwartung einer gesetzlichen Pflicht infolge der CSRD schon begonnen wurden, fallen nach aktueller Interpretation nicht unter den Fee Cap – jedenfalls solange, bis feststeht, dass keine zeitgerechte Umsetzung erfolgt.
Fazit
Die verschobene Umsetzung der CSRD bedeutet für das Geschäftsjahr 2024: alles bleibt beim Alten, aber mit der Option, sich bereits freiwillig an den neuen ESRS auszurichten. Unternehmen, die strategisch vorausdenken, können schon jetzt erste ESRS-Elemente integrieren, müssen dabei aber weiterhin die geltenden HGB-Anforderungen vollständig erfüllen. Die volle Umstellung auf die CSRD-Pflichten kommt erst, wenn der deutsche Gesetzgeber sein Umsetzungsgesetz verabschiedet und in Kraft treten lässt. Bis dahin heißt es: abwarten, sauber dokumentieren und optional – aber sorgfältig – erste ESRS-Schritte gehen.
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